9. Dezember 2024 | Lichtwerk & Kamera
DIE KLAPPE
v.l.n.r.: Markus Hirschmeier (Hirschmeier Media GmbH & Co. KG), Kristina Herrmann (Teckentrup Door Solutions), Sabine Schoner (Kultur Räume Gütersloh), Eric Adelt (IP Adelt GmbH), Nils Hensdiek (Hilti Deutschland AG) und Luis Denninghoff (DigitalErleben) Foto: Timo Blaschke
Entertainment & Inspiration für Marketeers
(Bielefeld, 9. Dezember 2024) Alle Jahre wieder! Programmplaner Nils Hensdiek und Sabine Schoner als Präsidentin des Marketing Clubs Ostwestfalen-Lippe heißen die zahlreichen Mitglieder und Gäste in den gemütlichen Räumlichkeiten des Bielefelder Kinos „Kamera“ herzlich willkommen. „Ein Event zum Jahresausklang, das zur guten Kultur des Marketing Clubs gehört“, wie Nils treffend feststellt. Die besten Werbekurzfilme des Jahres werden gezeigt – von Low bis High Budget. DIE KLAPPE ist der prestigeträchtigste Award in Deutschland, wenn es um Bewegtbild geht.
Sabine Schoner ergreift die Gelegenheit, um Nils für sein großes Engagement in puncto Programmplanung wie auch dem gesamten Vorstand und Beirat für ihren unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz zu danken. „Wir sind ein super Team. Alle packen mit an“, lautet ihr Fazit. Und die Präsidentin greift noch mal das Motto des diesjährigen Marketing-OWL-Gewinners Vogelsänger Studios auf: Be Brave. „Lasst euch davon inspirieren. Die Zeiten sind herausfordernd, seid mutig und wagt Neues. Anderen gut zuzuhören und im Austausch zu sein hilft dabei, eigene Strategien zu entwickeln und Lösungen zu finden. Dafür steht unserer Marketing Club par excellence.“
Nach der kurzen Ansprache war Showtime: Popcorn und Kaltgetränke standen bereit, als sich der Vorhang für die besten Kurzfilme öffnete. Insgesamt 245 Arbeiten wurden bei DIE KLAPPE eingereicht. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach das einer Steigerung von rund 40 Prozent. Die Filme selbst sind insgesamt intensiver und internationaler geworden, so die Meinung der Jury, die übrigens diverser geworden ist. Einige Jury-Mitglieder wünschten sich ein bisschen mehr Mut und Experimentierfreudigkeit mit Blick auf Virtual Reality und den Einsatz von KI als innovative Tools.
Die zu bewertenden Kategorien reichten von TV & Cinema, PR über Digital Experience, Impact, Social Media bis zu der „Production Company of the Year“, mit der die meistprämierte Produktionsfirma über alle Kategorien hinweg gewürdigt wird.
Filme mit Anspruch
Auffällig ist, dass viele der prämierten Kurzfilme eine Message transportieren wollen. So macht Edeka mit dem Film über eine ältere Dame, die dabei zu sehen ist, wie sie Vorbereitungen für das Weihnachtsfest und den Besuch der Tochter samt Enkeln trifft, auf Demenzerkrankungen aufmerksam. Denn eigentlich ist Ostern – nicht Weihnachten. Die Telekom widmet sich mit dem Kurzfilm „The Power of a Comment“ den schlimmen Auswirkungen von Hasskommentaren im Internet bzw. auf Social-Media-Kanälen, insbesondere auf Kinder und Jugendliche. Ein weiterer Film des Telekommunikationsgiganten appelliert an die Eltern, sorgsam mit den Fotos ihrer Kids im Netz umzugehen. Denn ein Foto kann unter Umständen reichen, um ein Gesicht für andere Zwecke zu missbrauchen, wie die virtuell erzeugte Ella in dem eindrücklichen Clip berichtet. Die Lufthansa setzt mit ihrer Pride-Marketing-Kampagne unter dem Titel: „The World Says Yes To You“ ein Zeichen. So zeigen die Kurzfilme z. B. Konstantinos in Athen und sein „Queer Archive“, in dem Veranstaltungen, Ausstellungen und Festivals stattfinden. Oder Nuala, die in Brasilien eine Surfschule für queere Menschen betreibt. Auch Brian, Präsident der „Gay Rodeo Association“ in den USA ist Teil der Aktion und bricht Stereotype auf.
Filme mischen sich ein
Manche Unternehmen wollen nicht „nur“ für bestimmte gesellschaftlich relevanten Themen sensibilisieren, sondern mischen sich mit ihren Kampagnen ganz konkret ein, wie z. B. die Sparkasse, die einen In-Game-Währungsrechner entwickelt hat. Hintergrund ist, dass in den Spielen den Zocker*innen Dinge zum Kauf angeboten werden, allerdings in einer Fantasiewährung, so dass die Gefahr besteht, dass Menschen den Überblick oder die Kontrolle über ihr Geld verlieren. Der Währungsumrechner schaltet sich direkt im Game ein und weist den Betrag in Euro aus.
Die gemeinnützige Schweizer Klimaschutzstiftung myclimate nutzt öffentlich zugängliche Flugtracker, Konzertdatenbanken und Social-Media-Posts von Influencern und Prominenten, um Flüge aufzulisten, Emissionsdaten zu sammeln und auch kritische, direkte Anfragen in den sozialen Medien zu stellen. Die Ergebnisse werden in einem großen CO2-Ranking sichtbar gemacht.Wenn jemand an einem Tag auf einem Bild beim Champagnertrinken in Las Vegas getaggt wurde und am nächsten Tag aus Lloret de Mar postet, tritt der myclimate Carbon Tracker in Aktion. Der „Service‘“ der Klimastiftung besteht anschließend aus einem automatisierten Post auf dem Twitter- oder Instagram-Profil der Influencer bzw. der Prominenten. Dieser macht auf den CO₂-Ausstoß des Accounts aufmerksam und enthält einen Link zum Emissionsrechner. Dort findet der Promi eine kritische Betrachtung seines Reiseverhaltens sowie die Anregung, für Klimaschutzprojekte zu spenden.
Mit der Kampagne „Recht gegen Rechts“ wurde die Agentur Jung von Matt gemeinsam mit der Hamburger NGO „Laut gegen Nazis e.V.“ aktiv. Gemeinsam haben sie sich von Nazis genutzte Kürzel gesichert und damit auch die Rechte an der Verwendung der Nazi-Codes. Der Verein hat nun die Möglichkeit den betreffenden braunen Merch vernichten zu lassen – und Schadensersatz zu fordern. Mit den Schadensersatz-Zahlungen sollen wiederum neue Wortmarken angemeldet werden, um die Verbreitung rechter Hetze zu unterbinden.
Spieltrieb ansprechen
Es gab auch viel Unterhaltsames, Schräges, Lustiges oder einfach gut Gemachtes. In die Kategorie „etwas bizarr“ fallen die Hornbach-Clips. In einem quält sich ein Mann aus einem Kokon – eine recht schlüpfrige Angelegenheit – und hilft den anderen, die bereits im Garten werkeln: „Jedes Frühjahr ein neuer Anfang“.
Auf den Gaming-Faktor setzte Oreo. In Anlehnung an Pac-Man – die Älteren werden sich erinnern – wurde ein virtueller Supermarkt gebaut und die Kund*innen konnten durch die Gänge gehen, Kekse essen (leider auch nur virtuell) und Hindernissen ausweichen, bis man endlich am ersehnten Regal mit der Premium-Packung Oreo landete. Eine „Experience of Purchase“.
Auch die Fußball-EM war Anlass und Hintergrund für einige Cases. Adidas hat die Diskussion um das Design des Trikots aufgegriffen, wobei gleich zwei Filme ausgezeichnet wurden. In dem Beitrag „Typisch deutsch“ unterhalten sich zwei junge Menschen, wie sie das neue Deutschland-Trikot finden. „Typisch deutsch“ lautet die gelangweilte Antwort. Daran knüpft der Film mit schnellen Schnitten und unter Beteiligung der Nationalspieler an, um der Frage nachzugehen, was ist denn eigentlich typisch deutsch? Im zweiten Clip, „Not a German Jersey“, wurde die Kritik an dem brombeerfarbenen Auswärtstrikot der Nationalmannschaft zum Thema gemacht.
Die Auslosung zur EM 2024 in der Elbphilharmonie nutzte Hamburg Marketing für eine eigene Aktion: „The Bigger Draw“. Während drinnen die Auslosung – eine von der UEFA durchorchestrierte gesichtslose Veranstaltung, die überall in Europa hätte stattfinden können – ihren Lauf nahm, wurde direkt gegenüber in Echtzeit das Tableau mit Schiffscontainern in den entsprechenden Länderflaggen nachgestellt. Eine gute Werbung für die Stadt Hamburg. Dafür gab es „Gold“, wie auch für Lufthansa, Opel, Hornbach, die FAZ, die inklusive Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in 12 Sprachen sowie für BRLO Craft Beer. Den Vogel schossen wieder die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ab, die mit „Tarifzone Liebe“ ein ganzes Musical auf die Bühne des Admiralspalasts brachten. In acht eigens komponierten Originalsongs begleitet das Publikum die freundliche Tram Tramara auf ihrer Reise durch den Berliner Nahverkehr. Im stressigen Berliner Alltag ist es gar nicht so leicht für Tramara, ihren Platz zu finden. Bis eine Begegnung alles verändert … Das Musical steht symbolisch für die einzigartige Verbindung – wahrscheinlich könnte man von Hass-Liebe sprechen – zwischen der BVG und Berlin und vereint Romantik mit typisch absurdem BVG-Humor. Insgesamt lieferten die Kurzfilme viel Gesprächsstoff für das anschließende Get-together in der gemütlichen Wohnzimmeratmosphäre der Kamera.
Text: Eike Birck
Fotos: Timo Blaschke